Jüdischer Wohnort Lendershausen, heute ein Ortsteil von Hofheim in Unterfranken

1933 zählte die jüdische Gemeinschaft in Lendershausen nur noch sieben Personen. Ihre Wurzeln reichen ins frühe 17. Jahrhundert zurück, als sich vereinzelt Schutzjuden im Ort ansiedelten. 1766/67 zählte man 12 Haushalte, bevor die Gemeinde begann rasant zu wachsen. Dass Kaufleute aus Lendershausen auf die Leipziger Messe fuhren, zeigt ihre wirtschaftliche Bedeutung. 1803 gab es 40 jüdische Familien im Ort mit 141 Personen. Schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts begann die Gemeinde jedoch zu schrumpfen, ihre Mitglieder wanderten seit den 1860er Jahren besonders ins benachbarte Hofheim ab. Die Stadt mit dem neuen Bahnanschluss war wirtschaftlich attraktiver. Lendershausen zählte 1888 noch 59 jüdische Personen, 1910 nur noch 13. Die Judenschaften von Hofheim und Lendershausen bildeten eine Doppelkultusgemeinde.

Systematische Entrechtung, wirtschaftliche Boykotte und der wachsende Verfolgungsdruck trafen auch die jüdischen Gemeindemitglieder in Lendershausen. Zwei Frauen starben 1938 und 1939 im Ort, ein Mann im April 1941 in Würzburg im Krankenhaus. Kurz zuvor hatte man ihn und seine Schwester aus ihrem zwangsverkauften Haus geworfen. Die Schwester musste im Mai 1941 in ein Sammelquartiert nach Würzburg ziehen und wurde im März 1942 deportiert. Die beiden letzten jüdischen Bewohner von Lendershausen ereilte dieses Schicksal einen Monat später, sie wurden von dort über Würzburg nach Krasniczyn im besetzten Polen verschleppt. Ihre 9-jährige Tochter hatten sie im Juni 1939 vorausschauend mit einem Kindertransport in ein Kinderheim nach Brüssel geschickt. Trotz der deutschen Besetzung Belgiens überlebte sie die Shoa und emigrierte 1948 in die USA. Somit sind für Lendershausen drei Opfer der Shoa zu beklagen, die alle aus Unterfranken deportiert wurden. (Aktuell wird in der Liste eine Person zu viel angezeigt, die in Hofheim lebte.)

Hofheim in Unterfranken beteiligt sich am Projekt „DenkOrt Deportationen“. Der lokale Koffer erinnert an die deportierten Jüdinnen und Juden von Hofheim und Lendershausen. Ein zweiter Koffer befindet sich in Würzburg und bildet zusammen mit denen anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zum “DenkOrt” und zu den Deportationen.

Angaben zum Standort des Koffers in Hofheim folgen zu gegebener Zeit.

Ausführliche Informationen zur jüdischen Gemeinde Lendershausen
Quellen zu den Gemeindeartikeln

© Recherche und Text: Nathalie Jäger & Rotraud Ries

Shoa-Opfer, die 1933 in Lendershausen gelebt hatten

Fanny Eckmann, geb. Stern (1887 – 1942)
Ludwig Eckmann (1889 – 1942)
Friedericke Vandewart (1878 – 1942)